Elefantenbabys aus Hannover nach Osnabrück – Perversion des EEP-Gedankens

Am 06.05.2013 wurden die beiden asiatischen Bullkälber „Nuka“ (geb. am 11.05.2010) und „Dinkar“ (geb. am 06.08.2010) in den Zoo Osnabrück transportiert. Sie sollen dort zusammen mit zwei weiteren Jungbullen, welche derzeit noch im Tierpark Hagenbeck stehen, die nach der überstürzten Auflösung der Afrikanerhaltung in Osnabrück leer stehende Elefantenanlage bevölkern.

„Nuka“ und „Dinkar“ sind noch nicht einmal volle 3 Jahre alt. Dass der Zoo Hannover mit der Abgabe von Elefantenkälbern so lange vor dem 4. Geburtstag gegen sämtliche zeitgemäßen Erkenntnisse zur Elefantenhaltung verstößt, stört dabei von den Verantwortlichen niemanden. Zoogeborene Elefanten wachsen zweifellos schnell, aber  Dreijährige – und das gilt auch für Bullkälber – sind noch lange nicht voll entwöhnte Säuglinge. „Dinkar“ trank nach verlässlichen Beobachtungen bis zu seiner Abgabe noch jeden Tag bei seiner Mutter. Im Normalfall werden Bullkälber bei Vermittlung durch den EEP-Koordinator deshalb nicht vor dem vollendeten 4. bis 5. Lebensjahr von ihrer Familie getrennt – das entspricht dem Alter, in dem junge Elefanten in der Natur voll entwöhnt sind. Die normale soziale Entwicklung vor Beginn des Junggesellenlebens nimmt im Freiland jedoch noch deutlich längere Zeit ein. Die Ablösung von ihrer Herkunftsfamilie beginnt bei jungen Asiatenbullen  im Alter zwischen 10 und 14 Jahren (Sukumar 2003), bei Afrikanermännchen zwischen dem 9. und 18. Altersjahr  (Lee & Moss 1999). Rechtfertigungen, wie vom Osnabrücker Zoodirektor Prof. Böer vorgetragen, dass Jungbullen „wie in der freien Wildbahn“ mit drei bis fünf Jahren ihren Mutterverband verlassen (Quelle: http://www.ndr.de/ratgeber/reise/tierparks/elefanten211.html ), sind somit wissenschaftlich widerlegt. In Menschenhand zeugten Jungbullen ihren ersten Nachwuchs mit 8½ Jahren (Asiaten) bzw. 9½ Jahren (Afrikaner).

Eine verantwortungsvolle Alternative wäre die Abgabe einer Familie von Zuchtkühen gemeinsam mit ihren Kälbern gewesen, z.B. in den Zoo Osnabrück. Mit diesem Schritt wären mehrere Probleme gelöst worden. Komplette Sozialeinheiten wären intakt geblieben, den Bullkälbern wäre auch in Zukunft eine altersgemäße soziale Entwicklung möglich geworden, das Platzproblem im Zoo Hannover wäre sozial verträglich gelöst und die leere Osnabrücker Anlage für den avisierten Zuchtbullen „Luka“ adäquat besetzt worden.  

Dass nun in Hannover geborene Jungtiere im Alter von unter 3 Jahren ihre Mutter und ihr komplettes soziales Umfeld verlieren, ist ein Rückfall in Zeiten, die man in deutschen Zoos lange für überwunden hielt. Bereits die meisten der zwischen 1964 und 1977 im Hannoveraner Zoo geborenen Elefantenkälber wurden viel zu früh und weit vor der Entwöhnung über den Tierhandel aufgrund völlig unzureichender Anlagenkapazitäten und ohne Rücksicht auf ihr psychisches Wohl und ihre soziale Entwicklung „verschachert“. Dieser jüngste Transfer im Mai 2013 – fast ein halbes Jahrhundert später – erfolgte zwar mit Zustimmung des EEP, dahinter stehen jedoch genau wie damals Platzmangel und kommerzielle Gründe: Der „Erlebnis“-Zoo Hannover braucht Platz für die nächste Generation an Publikumslieblingen, weil man die neuen Elefantengeburten als Besucherattraktionen anscheinend dringend braucht. Die Abgabe von Zuchtkühen stand offenbar nicht zur Diskussion, solange noch Bullkälber zur Verfügung standen. Der Zoo Osnabrück braucht für die Hauptsaison ebenso dringend Bewohner für die leer stehende Elefantenanlage, nachdem man die überstürzte Abreise der etablierten Elefantenherde mit der Aussicht auf eine Zuchtgruppe Asiatischer Elefanten gerechtfertigt hatte. Was interessiert da schon die Psyche von Elefantenkälbern?!

Im Hinblick auf das Tierwohl völlig unverständlich wird die Aktion, wenn man hinzu nimmt, dass die Verschiebung der Jungbullen nach Osnabrück sowieso nur vorübergehend für „ein bis zwei Jahre“ (Quelle: http://www.noz.de/lokales/71929615/erste-asiatische-elefanten-erobern-ihr-revier-im-zoo-osnabrueck ) sein soll, bis für Osnabrück Zuchtkühe verfügbar werden. „Nuka“ und „Dinkar“ sind dann aber immer noch viel zu jung, um als Zuchtbullen eingesetzt zu werden – es ist also jetzt schon absehbar, dass sie in naher Zukunft den nächsten Umzug mitmachen müssen. Das ist völlig überflüssiger Stress, der aus Tierschutzgründen vermieden werden müsste. Daran, dass der neue Osnabrücker Zoodirektor Prof. Böer wenig Skrupel hat, Elefanten in überhasteten Aktionen notfalls mitten im Winter an ungeeignete Einrichtungen abzuschieben  (die „Sabi“ und „Matibi“ im Zoo von Toulouse versprochene Freianlage ist immer noch nicht eröffnet!), besteht nach den Ereignissen von Ende 2012/ Anfang 2013 im Zoo Osnabrück leider kein Zweifel.

Solche Aktionen haben leider mit sinnvollem Bestandsmanagement wenig zu tun, sondern sind bzgl. des Abgabealters der Kälber Tierquälerei. Daran ändert auch der Alibi-Stempel „vom EEP abgesegnet“ nichts.

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